Gedanken zu den ausbleibenden Lockerungen für Kinder

Seit 7 Wochen ist in Sachsen der Schulbetrieb eingestellt.
Und die Kindergärten sind geschlossen.
Die Kinder wurden isoliert.

Wie geht es den Jüngsten unserer Gesellschaft?

Zunächst fühlte es sich zu Hause auch mal schön an. Einige Kinder genießen gerade sehr viel Exklusivzeit mit Mama oder Papa, die ohne Arbeit zu Hause sind, und sich trotz aller Sorgen kreativ mit den Kindern austoben. Fahrrad fahren, basteln, backen, Gesellschaftsspiele spielen. Das ist echt nice. Andere Kinder wiederum dürfen in der Krise besonders viel fernsehen, weil die Eltern im Homeoffice „wenigstens mal eine Stunde“ in Ruhe arbeiten wollen. Viele Mädchen und Jungen dürfen morgens länger schlafen, vielleicht im Schlafanzug durch den Tag träumen und stundenlang mit Lego bauen.

Das fühlte sich auch mal schön an.

Aber jetzt sind wir bei Woche 7!

Was auch mal schön war, wurde zum Dauerzustand, in dem sich viele Kinder längst nicht mehr wohl fühlen. Einigen Kindern ging die Isolation schon seit Tag 1 an die Substanz, weil ihr „Zuhause“ leider keine gesunde und geborgene Umgebung ist. Auch das muss man sehen und sich immer wieder bewusst machen.

Natürlich passen sich Kinder an die Umstände an, wenn Erwachsene es so wollen. Sie machen sich klein, wenn es so sein muss und halten durch oder aber sie werden anstrengend, stören im Homeoffice, haben irgendwann nicht mal mehr Bock mehr auf Fernsehen und Bastel-Beschäftigungen und erst recht nicht aufs Homeschooling … Die Türen knallen, die Tränen laufen.

Die Luft ist raus.

Corona-Müdigkeit macht sich breit

Insgesamt macht sich bei vielen Menschen eine Corona-Müdigkeit bemerkbar, ganz besonders unter den jüngsten Bürgern, denn sie stecken noch in Phase 1 nach dem Lockdown: totale Isolation. Während sich Erwachsene und auch ältere Jugendliche wieder frei bewegen dürfen, sitzen die Minis weiterhin zu Hause. Die Kinder leben seit 7 Wochen isoliert, die einen mehr, die anderen weniger.

Sie brennen darauf, andere Kinder um sich zu haben und wieder mit ihren Freunden spielen zu dürfen.

„Mutti, wann ist Corona vorbei?“

Lockerungen auf eigene Faust

Ich habe auf Facebook andere Eltern gefragt, ob sie ihre Kinder inzwischen wieder mit anderen Kindern spielen lassen, denn bei uns sind die strengen Regeln tatsächlich eingerissen. Auf dem Hof ruft niemand mehr „Haltet Abstand!“

Verstehe mich nicht falsch. Ich will nicht, dass unser Gesundheitssystem kollabiert und Mediziner Entscheidungen über Leben und Tod treffen müssen. Ich bin nicht etwa aus Trotz larifari geworden, sondern weil es den Kindern guttut UND weil wir uns Lockerungen inzwischen leisten können. Eigentlich will ich das nicht auf eigene Faust entscheiden, habe aber das Gefühl, anders geht es nicht.

Mal ehrlich: die Kinder werden doch von der Politik vergessen. Sie sind zu klein, um ihre Rechte zu vertreten und so sind immer andere Sachen wichtiger. Wie fair ist unsere Gesellschaft dabei? Erwachsene dürfen schon lange wieder 1:1 ihre Freunde treffen oder im Büro mit Kollegen plaudern. Inzwischen dürfen sie auch shoppen gehen, in den Baumarkt fahren oder sich die Frisur richten lassen. Nur die (jüngeren) Kinder müssen seit 7 Wochen allein bleiben, weil sie eben noch nicht 1:1 mit einer Freundin joggen gehen können.

Kinder können den Infektionsschutz nicht einhalten

Das Problem ist, dass Kinder nicht mit 2 Meter Abstand spielen können und wollen, denn Spielen ist körperlich. Gemeinsam matschen, Ball spielen, um die Wette laufen, Schneckenzoos bauen, sich verkleiden, Verstecken oder Fangen spielen … Kinder brauchen Kinder und das oft auch dicht an dicht.

Piratenspielplatz Dresden

Es ist ein Totschlag-Argument und es wird eins bleiben: „Kinder können den Infektionsschutz nicht einhalten.“ Deswegen dürfen sie nicht mehr mit Freunden spielen. Erwachsene können den Infektionsschutz einhalten und daher sei ihnen nach und nach wieder ein normales Leben gegönnt. Ist das das letzte Wort?

Kinderrechte müssen auch in den Fokus rücken

Wir sind in der positiven Lage, dass in Sachsen aktuell nur noch wenige Neuinfektionen auftreten, sodass wir Lockerungen aushalten können. Lasst uns dabei aber nicht länger die Kinder ausklammern, auch wenn sie eine größere Gefahr sind. Auch Kinder haben ein Recht darauf, nicht übergangen zu werden und wieder spielen zu dürfen. Die soziale Interaktion mit anderen Kindern ist gesund und wichtig.

Mir ist bekannt, dass die Spielplätze in Dresden ab Montag wieder öffnen dürfen. Auch hier gilt allerdings die Abstandsregel von 1,5 Metern, die also das gemeinsame Spiel der Kinder miteinander untersagt. (Übrigens wird auch ein Gesichtsmaske empfohlen, doch zur Sicherheit solltet ihr darauf verzichten, wenn die Kinder mit den Masken beim Klettern hängen bleiben könnten.)

Was will ich denn?

Mir geht es vor allem darum, auch Kindern eine Stimme zu geben, denn sie gehen aktuell einfach unter. Zum einen liegt das sicher auch daran, dass man das „gemeinsame Spiel“ nicht mit Geld messen kann, denn die Kleinen machen weder Gewinne noch Verluste, wenn sie monatelang isoliert leben. Da sieht es bei Friseuren und dem Einzelhandel natürlich anders aus. Das „Kinderspiel“ ist leider nichts wert, zumindest kein Geld. Zum anderen lässt sich, wie schon erwähnt, der Infektionsschutz bei spielenden Kindern nicht gewährleisten.

Und trotzdem müssen wir überlegen, wie wir auch den Kindern gerecht werden können. Wir sind an einem Punkt, der Lockerungen erlaubt, also gehen wir doch mal weg von den Erwachsenen und schauen, wie Kinder wieder spielen können. Was meinst du?

Was bringt das Spiel unter Kindern?

Das gemeinsame Spielen bringt Kinder in ein seelisches Gleichgewicht. Gerade in der Krise tauschen sich Kinder über das Geschehen aus oder testen an, wie Freunde über Corona denken. „Daran können Menschen sterben!“ Das Gespräch mit anderen Kindern hilft ihnen dabei, ihr Wissen um die Pandemie gut zu verarbeiten. Aber auch bei anderen Problemen können Freunde eine Stütze sein, die nicht zu unterschätzen ist.

Weitere Vorteile des sozialen Kinderspiels:

  • Abbau von Unsicherheit, Angst und Stress
  • Förderung sozialer Kompetenzen
  • Erleben von Freundschaft, Streit, Kompromissen, Versöhnung
  • Erlernen von Rücksichtnahme und Verständnis
  • Ausleben gemeinsamer Interessen
  • Ausleben der Fantasie beispielsweise beim Rollenspiel
  • Förderung der Kreativität
  • Freude und Spaß
  • usw.

4 Ideen für Lockerungen

Aktuell ist Kindern im Grunde jegliches Spiel mit Freunden untersagt, wenn sie keine Notfallbetreuung besuchen. Wer sich an die Allgemeinverfügung hält, darf nämlich nur eine Person außerhalb des Hausstandes treffen und so fallen Kindertreffen raus.

Idee 1

Kindern erlauben, andere Kinder zu besuchen. So könnte man zumindest mal wieder mit der besten Freundin spielen.

Idee 2

Betreuungstandems zulassen. Das würde auch viele Eltern entlasten, die sich aktuell im Homeoffice herumschlagen. Die Kinder werden bei einem Betreuungstandem immer im Wechsel betreut, haben einander zum Spielen oder gemeinsam Homeschooling machen und die Eltern können zumindest an jemandem zweiten Tag arbeiten.

Idee 3

Nachbarskindern das Spielen miteinander erlauben. Dieser Punkt ist natürlich schwammig, denn in unserem Haus wohnen allein 16 Kinder, in anderen vielleicht nur 1. Wie kann man „Nachbarskinder“ genau definieren? Wo beginnt und endet die Nachbarschaft? Gut wäre es trotzdem, weil die Kinder vor Corona auch täglich miteinander spielten und die Nachbarschaft ihr „Lebensraum“ ist, den sie gewohnt sind und den sie brauchen.

Idee 4

Spielegruppen zulassen. Für Babys und Kleinkinder sind Spielegruppen eine große Bereicherung, weil sie von den anderen lernen können. Die sozialen Lernmomente beeinflussen die Entwicklung positiv und auch Eltern hilft der Austausch und der Tapetenwechsel sehr.

Was denkst du?

Spielplatz Dresden Wippe am Tabaluga Spielplatz

Über Lockerungen zu entscheiden ist schwierig, weil wir keine Erfahrungswerte haben, aber trotzdem müssen wir, wenn die Gesundheit im Fokus stehen soll, auch die Gesundheit der Kinder mitdenken. Es wird Zeit, auch den Kindern wieder Rechte zu geben, damit auch sie gut durch die Krise kommen können.

deine

Schriftzug Dresden Mutti

5 Antworten zu „Gedanken zu den ausbleibenden Lockerungen für Kinder”.

  1. Avatar von puerzelchen
    puerzelchen

    Und sie übernehmen dann die Verantwortung, wenn aufgrund ihres Verhaltens ein hochgefährderter Arzt/Pflegender stirbt, oder? Hauptsache ihrem Kind hat es „gut getan“. Dieser Egoismus kotzt mich an!

    Gefällt 1 Person

    1. Avatar von Dresden Mutti

      Ich habe ausführlich erklärt, warum auch über Lockerungen für Kinder nachgedacht werden sollte und dir fällt nur ein, dass es dich „ankotzt“? Anderer Meinung zu sein, ist völlig okay und auch nachvollziehbar, gerade weil Kinder den Infektionsschutz nicht einhalten können. Wir können aber doch ganz sachlich über solche Themen sprechen, ohne beleidigend zu werden 😉

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  2. Avatar von alenahoder

    Ich kann dich total gut verstehen. Auch ich kenne mittlerweile niemanden mehr mit Kindern, der sich an diese Regeln noch hält. Wer einen Garten hinterm Haus hat ist gesegnet, denn dann können die Nachbarskinder miteinander spielen. Ich meine: Die waren jetzt mehrere Wochen isoliert, wo sollen die sich denn angesteckt haben? Kenne auch viele, wo die Großeltern wieder tageweise betreuen. Ich habe immer mehr das Gefühl: Besonders wer jetzt Kita Kinder hat, ist so richtig gelackmeiert, weil er keine Perspektive hat. Wer in die Notbetreuung darf, wird anhand des Jobs der Eltern entschieden. Wer fragt die Kinder?????? Kinder die aus Familien kommen, wo es vielleicht Gewalt gibt, Kinder, die Zuhause nicht richtig gefördert werden, Kinder, wo ein Mittag Zuhause nichts Selbstverständliches ist. Für die sind diese Monate Zuhause eine Katastrophe, die vielleicht lebenlang Spuren hinterlassen.
    Bei den niedrigen Infektionszahlen hier in Sachsen und 90%, die davon schon wieder genesen sind, machen mich die winzigen Schritte vorwärts mittlerweile so richtig sauer. Sind ja nicht nur die Eltern mit Kindern, denen Perspektiven fehlen, auch Gastro und Tourismus. Ich bin sicher, dass das viele Betriebe keine Wochen mehr durchhalten und unverschuldet in die Pleite geraten. Im Supermarkt geht’s mit Abstand aber im Restaurant angeblich nicht? Mur fehlt so langsam wirklich das Verständnis. Man könnte sich in so vielen Bereichen in Rage reden…

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  3. Avatar von EsistJuli
    EsistJuli

    Ich sehe es inzwischen auch relativ locker. Auch so viele Erwachsene halten die Hygieneregeln nicht ein. Beim einkaufen letztens hatte der Mann vor mir in der Schlange die Schutzmaske nur über dem Mund, die Nase war frei; die Frau hinter mir hatte sie zwar korrekt an, aber ich musste sie bitten, mir nicht weiter in den Nacken zu atmen.

    Also, warum genau dürfen Erwachsene so viel und Kinder nichts?

    Wir treffen unsere Nichte. Und die Tochter meiner besten Freundin. Also es beschränkt sich wirklich auf diese Kinder und sonst keine; es bleibt immer das gleiche soziale Umfeld. So wird es sicher etwas eingedämmt.

    Bleibt gesund!
    EsistJuli

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  4. Avatar von Tschüs Corona, hallo Leben – Ist das der Sonderzug nach draußen? – Dresden Mutti

    […] des Monats schrieb ich noch, über die ausbleibenden Lockerungen für Kinder, doch dann rollte dieser Sonderzug aus dem nicht herein und was veränderte er nicht alles: KiTas […]

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Ich bin Nadine.

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