Diesen Satz fand ich in einem Facebook-Post von Ganz normale Mama, die hiermit junge Frauen Anfang 30 zitierte, mit denen sie im Rahmen eines Workshops sprach. Um weiter zu zitieren: „alle gut ausgebildet, alle (noch) kinderlos und alle hatten dieselbe Frage: Gibt es irgendeinen guten Grund Kinder zu bekommen, wenn doch alle Rahmenbedingungen dagegen sprechen. Und ja, verdammt, was sie aufzählten spricht dagegen! Finanzielle Einbußen, fehlende Rentenpunkte, Karriereknick oder völliges Ende der Karriere, Konflikte mit dem Partner, das Ende der Selbstbestimmtheit, fehlende Me-Time und dann auch noch eine kinderfeindliche Grundstimmung.“ Schaut euch gern das Posting an.
Kleiner Exkurs über Zeit und Geld
Eine Familie zu gründen ist nicht mit einem Studium zu vergleichen, dessen Zeit- und Energieaufwand, sich am Ende finanziell lohnen muss. Eine Familie zu gründen lohnt sich aus anderen guten Gründen und rational spricht sogar einiges dafür. Wir sollten FAMILIE eher vergleichen mit:
- einem Urlaub: ja, er kostet Zeit und Geld, aber er bringt dir schöne Erlebnisse.
- einer Achterbahnfahrt: ja, es kostet Zeit und Geld, aber es macht irre viel Spaß.
- einem guten Buch: ja, es kostet Zeit und Geld, aber es bringt Unterhaltung.
- ein Nähkurs: ja, er kostet Zeit und Geld, aber du lernst etwas dabei.
- eine Popcornmaschine: ja, sie kostet Zeit und Geld, aber sie versüßt den Alltag.
- Soziales Engagement: ja, es kostet entweder Zeit oder Geld, aber es bringt erfüllende Momente.
- einem Haustier: ja, es kostet Zeit und Geld, aber das Kuscheln ist schön.
Dir fällt vielleicht noch einiges mehr ein?
Nun ist es doch so: wir haben Zeit und wenn wir arbeiten, haben wir auch Geld. Ich persönlich sehe es so: ich möchte mein Geld und meine Zeit für Dinge ausgeben, die mir wichtig sind und Familie ist mir wichtig. Ich möchte Geld und Zeit ausgeben:
- für schöne Erlebnisse mit meinen Kindern
- für irre viel Spaß mit meinen Kindern
- für die Unterhaltung, die einem Kinder bieten
- für die vielen Learnings und neuen Denkweisen, die das Elternsein mit sich bringt
- für den versüßten Alltag mit Kindern
- für erfüllende Momente mit Kindern
- fürs Kuscheln mit Kindern
Die Frage ist falsch herum gestellt.
Die Frage darf nicht lauten „Wieso sollen wir Kinder bekommen?“. Man sollte in erster Linie Kinder bekommen wollen und zwar z.B. aus diesen Gründen oben. Und dann ist es grundsätzlich okay, Geld, Zeit und Energie dafür aufzubringen, denn für die Erfüllung von Wünschen stehen uns ja eben Geld, Zeit und Energie zur Verfügung. Genau dafür möchte ich es einsetzen.
Klar, es gibt auch Menschen mit ganz anderen Wünschen. Nicht jeder muss Kinder bekommen, das will ich nicht sagen. Wer aber Lust auf das Paket Familie hat, dem liegen viele rationale Gründe für Kinder vor Füßen. Wir Menschen sind soziale Wesen. Viele lieben es, morgens aufzuwachen und nicht alleine zu sein. Gemeinsam in den Tag zu starten und gemeinsam durchs Leben zu gehen. Mit einem Partner. Mit Kindern. (Ja, manchmal ist es zu viel Zweisamkeit, Dreisamkeit oder Viersamkeit, etc. Grundsätzlich genießen viele Menschen das soziale Leben, das eine Familie in hohem Maße bietet.)
Rahmenbedingungen unter der Lupe
Nichtsdestotrotz stimmen die Rahmenbedingungen für Familien zum Teil nicht. Da haben die eingangs erwähnten Frauen durchaus Recht, aber es gilt auch abzuwägen. Ich gehe mal im einzelnen die Kritikpunkte des Postings durch:
- Finanzielle Einbußen: das eigene Gehalt wird mit den Kindern geteilt. Grundsätzlich finde ich das okay. Dafür ist das Gehalt schließlich da. Auf der anderen Seite sind die Belastungen für Familien teils sehr groß und sollten mehr aufgefangen werden beispielsweise durch kostenlose oder günstige Betreuungsangebote und kostenloses oder günstiges Frühstück und Mittagessen.
- Fehlende Rentenpunkte: das ist so nicht richtig. Für die Kinderbetreuungszeiten gibt es Rentenpunkte gut geschrieben. „Für die Zeit der Kindererziehung werden Sie in etwa so gestellt, als hätten Sie Beiträge aufgrund des Durchschnittsverdienstes aller Versicherten gezahlt“ (siehe deutsche-rentenversicherung.de)
- Karriereknick oder völliges Ende der Karriere: das ist höchst individuell. Für meinen Mann und mich haben sich auch mit Kindern viele berufliche Türen aufgetan. Man sollte aber offen für neue Richtungen bleiben, weil sich Türen tatsächlich schließen können. Da sind zeitliche Kapazitäten aber nur ein Faktor von vielen, die einen Strich durch die Rechnung machen können.
- Konflikte mit dem Partner: die wird es geben. Und man kann an Konflikten und Diskussionen wachsen.
- Das Ende der Selbstbestimmtheit: niemand hat den Rest seines Lebens ein Baby an der Brust, wenn er eine Familie gründet. Einschränkungen wird es geben, aber die Selbstbestimmtheit gibt man nicht /nicht völlig auf. Man muss allerdings seine Kinder bei jeder Entscheidung mit im Kopf behalten und denkt nicht mehr allein für sich. Das ist richtig.
- Fehlende Me-Time: Sie nimmt ab, aber sie verschwindet nicht. Und dann kommt sie auch wieder.
- Eine kinderfeindliche Grundstimmung: im Vergleich zu anderen Nationen mag das stimmen. Mir persönlich ist sie in meinen 9 Jahren als Mutter nicht aufgefallen.
- Dazu seien alle Eltern, die sie kennen immer völlig am Ende, gestresst, einfach nur fertig, aufgerieben im täglichen Struggle zwischen Arbeit und Familie: diesem Punkt kann ich von Zeit zu Zeit sehr zustimmen. Ich finde allerdings, dass man hier auch fortlaufend an sich selbst arbeiten muss. Viele Rahmenbedingungen lassen sich auch von innen heraus ändern. (Neue Arbeit, Stunden reduzieren, Umziehen, Schule wechseln, Hobbys der Kinder wechseln, …)
- Sie berichteten von Frauen, die sich völlig verwandeln und eine Retraditionalisierung durchlaufen, von Wissenschaftlerinnen und Businessfrauen, die zu backenden Hausfrauen werden: ich werfe gedanklich einen Blick auf meinen Freundeskreis und kann sagen „nee“. Das erlebe ich tatsächlich gar nicht. Das mag aber am Osten liegen.
- Von fehlenden Kitaplätzen: ein großes Problem, immer wieder. Erfahrungsgemäß bekommt dann aber doch jede Familie die Plätze, die sie braucht. Eine große Aufregung gibt es trotzdem. Auch wir haben „Germanys next KiTa-Kind“ gespielt.
- Unfreiwilligen Teilzeitjobs: so einen hatte ich in Bonn. 30 Stunden, weil die Kinderbetreuung um 14:30 Uhr endete (und mein Mann ausgerechnet nachmittags arbeitete, auch nur Teilzeit). Unsere Lösung war letztlich ein Umzug nach Dresden.
- Partnerschaften, die am täglichen Streit um Kind und Haushalt zerbrechen: das gibt es. Andere Partnerschaften hingegen werden gestärkt, weil man als Team zusammenarbeiten muss. Man erlebt etwas ziemlich Besonderes. Schade, dass es manchmal nicht funktioniert.
- Von Freundinnen, die sich nur noch in der Babywelt bewegen und am übrigen Leben nicht mehr teilnehmen: Was gerade für eine Familie sprechen sollte. Es scheint wohl doch recht toll zu sein.
Das Schöne ist: wir können unser Leben immer selbst gestalten. Auch als Eltern. Natürlich werden wir auf ungünstige und nervige Rahmenbedingungen stoßen, die geändert werden sollten. Sie sind aber kaum ein Grund, keine Kinder zu bekommen. In Deutschland erhalten Kinder kostenlose Bildung (zum Teil herrscht sogar Lehrmittelfreiheit), es gibt Elterngeld und die Kinder sind über ihre Eltern krankenversichert, um nur drei Beispiele zu nennen.
Uns geht es besser als vielen Generationen vor uns.
Wie konnten sich unsere (Groß-)Eltern für Kinder entscheiden, wo sie doch noch viel mehr Zeit aufwenden mussten. Sie wuschen unsere Stoffwindeln und hängten sie zum Trocknen auf die Leine. Sie mussten alle Strecken laufen oder mit dem Fahrrad fahren, denn sie hatten kein Auto. Sie holten Kohlen aus dem Kohlekeller und heizten mit dem Kohleofen das Wohnzimmer. Internet gab es nicht und Telefon sehr eingeschränkt … Trotzdem hatten sie Kinder, teils mehr Kinder als wir heute.
Ich finde wichtig, dass wir uns für bessere Rahmenbedingungen für Familien einsetzen. Denn es wird immer Baustellen geben, die es zu verbessern gilt. Trotzdem sollten wir auch auf dem Boden der Tatsachen bleiben und sehen, dass Kinder unser Leben rational bereichern können (Es muss nicht jeder Kinder wollen oder haben, aber rational spricht aus meiner Sicht vieles dafür, allen voran, dass der Mensch ein soziales Wesen ist). Und wir sollten auch die vielen positiven Rahmenbedingungen sehen, die es heute schon gibt und an denen wir weiter arbeiten können.
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Super Beitrag. Kann ich genauso unterschreiben und bin dankbar, dass du meine Gedanken (als ich den Post von ganz normale Mama gelesen habe) so auf den Punkt gebracht zusammengefasst hast. Hast du ihn unter den Post veröffentlicht? Wenn nicht, mach es. LG Mamastisch
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Ich danke dir für deinen Kommentar und habe den Link zu meinem Beitrag jetzt auch unter das Posting von Natalie gesetzt. Ich bin froh, dass ich meine Gedanken wohl doch einigermaßen geordnet und nachvollziehbar aufgeschrieben habe. Da bin ich mir selbst manchmal nicht so sicher – danke fürs Feedback!
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Mir gefällt der Artikel auch sehr. Ich liebe aber auch diese ganzen ‚Kinder-Dinge‘, haben viel Freude daran und ich wachse und lerne gerne. Aber es ist natürlich besonders in den ersten Jahren auch viel versorgen. Dadurch waren mit zweijährigen Zwillingen und einer 5jährigen und Corona unsere letzten Jahre sehr geprägt, es war in dieser Phase manchmal einfach auch so viel Arbeit und das ohne Pause. Das schreckt manche Paare schon ab, glaube ich. Aber Du schlussfolgerst so wunderbar, dass wir unsere Energie, unser Zeit und unser Geld ja nun mal auch haben, um sie für etwas einzusetzen. Und diese Kinder großzubringen ist für mich eine wertvolles und lohnendes Ziel. Es kommt wirklich so viel witziges und überraschendes zurück. Und ja, ich persönlich liebe meinen Job und bin dort auch federführend dabei. Das muss man nicht aufgeben. Aber diese Kinder im Leben zu haben, tut für die Seele und das Abenteuer im Leben einfach gut! Und ich stimme dir zu, es sollte mehr Entlastung für Familien geben, definitiv. Bei den bestehenden Möglichkeiten aber auch zuzugreifen, ist auch schon ein guter Schritt. Wir haben aufgrund unserer Dauer-Erschöpfung z.B. jetzt im nächsten Jahr eine Eltern-Kindkur zu fünft. Darauf freue ich mich wie Bolle und denke, es wird uns so gut tun! Und ich bin froh, gelernt zu haben, solche Hilfen und Angebote auch anzunehmen. Früher hätte ich das nicht gemacht, aber das ist ein Beispiel dafür, wie ich mich als Mutter mit der entsprechenden Verantwortung für unser Wohlergehen als auch den Möglichkeiten verändert habe.
Ansonsten, liebe Dredenmutti, wollte ich noch sagen, dass ich nur sehr selten irgendwo kommentiere, aber in diesem Zuge gleich mal sagen wollte, dass ich deinen Blog gern und regelmäßig lese und es toll und inspirierend finde, über was du schreibst und was wir von eurem Familienleben erfahren dürfen. DANKE dafür! Liebe Grüße, B
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Liebe B, vielen Dank für diese herzliche Antwort! Ich freue mich, dass du mir zustimmst und auch so schöne Sätze für das Leben mit Kindern findest. „Diese Kinder im Leben zu haben, tut für die Seele und das Abenteuer im Leben einfach gut!“ Genau so ist es! Ich wünsche Dir zudem eine großartige Eltern-Kind-Kur 🙂 Liebe Grüße, Nadine
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