„… Ui, du bist noch da? Musst du denn gar nicht los zur Arbeit?“ – „Ich habe dir doch gesagt, dass ich am Dienstag nur Bereitschaft habe.“ – „Heute ist Dienstag?“ …
Nach 4 Wochen Isolation geht mir wohl das Zeitgefühl flöten. Ist eigentlich immer noch Dienstag oder schon Donnerstag oder haben wir Ostern? Woche 1, 2, 3, 4 … Sind das wirklich Wochen oder nicht doch nur einzelne Tage, die verstreichen?
Und was ich so mache? …

Die erste Woche habe festgestellt: es ist doch zu hart auf zwei Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen, wie ich hier beschreibe. Und vor allem wozu? Wer dankt es mir am Ende, wenn ich mich auspowere und nebenbei die Kinder vernachlässige, die sich 8 Stunden allein beschäftigen sollen? Meine Vorbereitung auf die Coronazeit war ganz gut, die Vorausahnung am Tag davor hat sich allerdings auch bewahrheitet und bereits nach dem ersten Tag zeigte sich, dass Homeoffice plus Kinderbetreuung ein Kraftakt werden würde.
Also nahm ich nach einer Woche spontan Urlaub und dann kam auch schon die Botschaft aus der Firma: Wir sind jetzt auf KURZARBEIT … Krass!
War das eine Hiobsbotschaft oder ein Segen? Ich bin mir noch nicht ganz sicher, wohin die Krise führen wird und wie bedroht das Unternehmen und mein Arbeitsplatz tatsächlich sind, aber mir ist doch auch ein Stein vom Herzen gefallen. Ich zähle nun zu den Stay-at-home-Moms ohne Erwerbsarbeit.
Wie sieht so ein Tag zu Hause aus?
Er beginnt ziemlich spät.
Zu Beginn der Isolation, vielleicht erinnerst du dich daran, wurde eigentlich die Zeit umgestellt, doch unsere inneren Uhren ticken immer noch nach dem Winter. So stehen wir nicht vor 7 Uhr Winterzeit auf, also 8 Uhr nach Sommerzeit. Ticktack. Gut, es kann auch schnell 9 Uhr werden. Wen interessiert es denn, wann wir aufstehen,wenn man ohnehin keine Menschenseele sieht? Es gibt keinen Arbeitsbeginn, keinen Schulstart, keine KiTa-Öffnungszeit. Echt, es gibt NICHTS, an das wir uns orientieren müssen, also verwarlosen wir einfach mal ein bisschen und genießen es.

Nach der Faulenzerei folgt das Frühstück, bei dem wir uns ebenfalls viel Zeit lassen können. So gegen 9:30 Uhr oder 10 Uhr habe ich Maxi dann soweit hergerichtet, dass wir ins Homeschooling starten können. Unsere Lehrerin, selbst Mama einer kleinen Tochter, sieht das Lernen zu Hause entspannt und kommuniziert auch, dass wir uns nicht stressen sollen. Die Aufgaben können wir machen, müssen wir aber nicht. Wichtig ist lediglich, mit den Kindern Lesen und Rechnen zu üben. Inzwischen hat Maxi sogar ihr erstes Buch allein gelesen – das Geheimnis der Piratendrachen. Mit dem Lesenüben sind wir also gut dabei!
Wir sitzen am Tisch, vor uns der Wochenplan, und arbeiten verschiedene Aufgaben durch. Lesebuch, Arbeitsheft, Mathebuch, Matheheft. Auch kreative Aufgaben sind dabei wie das Basteln eines Tiers aus einer Klopapierrolle, was ich in Anbetracht des Klopapiermangels ziemlich witzig finde! Bei uns wohnt jetzt eine Pappmaché-Eule. Und wir haben noch viele weitere Quarantäne-Ideen für Kinder.




Oh, schon 11:30 Uhr? Dann wird es spätestens jetzt Zeit fürs Mittagessen. Also Zeit für die Zubereitung, weil leider keine Großküche für uns kocht, sondern wir jetzt selber ran müssen. Mit wir meine ich ich. Ich muss kochen, also los. Wird es heute Nudeln oder Kartoffeln geben? Nudeln haben den Vorteil, dass beide Kinder sie essen, denn Kartoffeln gehen bei Purzeline nicht, die schmecken nur im Kindergarten! Dazu gibt es Rotkraut oder Spinat oder Buttergemüse, oft in Kombination mit Minifrühlingsrollen, Gemüsestäbchen, Mozzarella-Sticks oder Camenbert. Heute bin ich kreativer: in der Pfanne bruzzeln Kohlrabischnitzel und dazu gibt es Kartoffelsalat. Also den Kartoffelsalat kann man schon fertig kaufen, nicht dass ihr denkt, wow, die gibt sich aber Mühe. Nein, das nicht. Aber ich finde, mit dem Panieren des Kohlrabis habe ich mir auch Mühe gegeben.
Highlight des Tages ist das Mittagessen zwischen 12 und 13 Uhr auf unserem sonnigen Balkon. Die Kinder essen nur die Hälfte, wenn überhaupt, außer es gibt Nudeln. Aber man kann doch nicht jeden Tag Nudeln essen. Warum denn nicht? Na weil man nur noch 2 Packungen Nudeln kaufen darf. Ich weiß auch nicht, wer solche Regelungen macht, sicher niemand mit Kindern. Mein Mann muss wohl nachher nochmal einkaufen gehen und Nachschub holen.
Direkt nach dem Mittagessen sind die kreativeren Hausaufgaben dran, die wir uns aufgehoben haben. Ein Leporello aus Frühblühern soll es werden, da hat sogar Purzeline Lust und ich drucke die Vorlage zweimal aus.

Mittagspause. Nun spielen die Kinder und ich lese auf dem Balkon mit der Nasenspitze Richtung Sonne in einem richtig guten Roman. Überhaupt gefallen mit die Romane gut, die ich derzeit schmökere. Ich sollte wirklich mehr lesen!
Nun rufe ich die Kinder herbei zu „Sport und Bewegung“, also einem Spaziergang runter zur Elbe, die glücklicher Weise in unserem WOHNUMFELD liegt, denn weiter dürfen wir laut amtlicher Bekanntmachung des Freistaates Sachsen nicht fort. Hier kann ich länger die Sonne genießen als auf dem Balkon, der früh in den Schatten taucht. Trotzdem friere ich wieder, weil ein frischer Wind über die Elbwiesen fegt und ich keine Jacke angezogen habe. Warum habe ich eigentlich nie eine Jacke an?

Die Kinder rennen los, endlich frei gelassen, und werden im Kinderspiel schnell warm. „Komm wir spielen Pferd. Oder lass uns Fanger spielen, du bist dran, los, komm doch, hier darfst du aber nicht, zick!“ Ich bin froh, dass es trotz Krise keinen Geschwisterstreit gibt, sondern die beiden einander beste Freundinnen sind. So lässt es sich gut aushalten.
Wenn wir wieder von der Elbe nach Hause kommen, genieße ich einen Nachmittagskaffee und lungere für gewöhnlich wie eine alte Dame auf dem Balkon. Vielleicht kommt ja jemand zum Quatschen vorbei? Mehr Reallife-Kontakte gibt es derzeit nicht.

Gegen 16 oder 17 Uhr kommt mein Mann von der Arbeit nach Hause, mein systemrelevanter Held, den ich dann direkt nochmal einkaufen schicke. Nudeln brauchen wir natürlich. Und Chips und einen Energydrink, damit ich nach der Krise fröhlich rumkugeln kann. Ich rolle der Bikinifigur entgegen.
Den restlichen Nachmittag räume ich die Küche auf, um dann auch schon das Abendessen vorzubereiten. Wäsche könnte ich noch aufhängen, Kram wegräumen oder ich guck bei TikTok rein? Dann spielen wir noch eine Runde Siedler von Catan mit Maxi und mit Purzelchen Uno.

Manchmal bestehen die Kinder auf das Spiel Kuhhandel, obwohl sie noch kein Verständnis für große Geldsummen haben und in jedem Spiel ihr Geld für den kleinen Hund zum Fenster rauswerfen, der vergleichsweise wenig Punkte bringt. Spaß macht es trotzdem.
Mehr passiert nicht.
Ganz ehrlich, wenn mir jemand letztes Jahr gesagt hätte, du bekommst einen kompletten Monat frei, ich hätte mir 100 Projekte überlegt, die ich in dieser unvorstellbar langen Zeit umsetzen könnte. Endlich meinen Roman fertig schreiben, Stoffe vernähen, viele gute Blogbeiträge schreiben, Podcasts aufnehmen ect.
Ich mache davon reichlich wenig, weil mich anfangs die Krise tatsächlich lähmte. Da habe ich zur Ablenkung z. B. Gesichtsmasken genäht. Und dann … Ja, ich genieße tatsächlich einfach die Zeit mit den Kindern und das Nichtstun. Dann bin ich halt jetzt mal unproduktiv. Wann darf man das sonst schon mal sein.
Produktivität? … Verschieben wir´s doch auf morgen.
Deine

PS: Ich bin mir dessen bewusst, dass ich als Stay-at-home-Mom gerade einen großen Luxus genieße. Und vor allem bin ich dankbar darüber, dass wir alle gesund sind.
Huhu! Wir sind auch so was von unproduktiv! Zwar holt mich hin und wieder das schlechte Gewissen ein, aber auf der anderen Seite genieße ich echt diese besondere Auszeit. Ich will gar nicht, dass das alles ganz schnell wieder vorüber geht – um ehrlich zu sein! Zumindest hoffe ich, dass wir uns etwas davon bewahren können und gestärkt in die neue Normalität purzeln. Wann immer diese auch beginnen mag. Liebe Grüße! Alex
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Hey Alex, es scheint tatsächlich noch zu dauern, bis die Kinder wieder eine Schule oder einen Kindergarten von innen sehen. Ich versuche den Moment im April jetzt einfach zu genießen, habe aber gleichzeitig Erfurcht vor dem Mai. Dann muss ich wieder ins Homeoffice, wenn auch wahrscheinlich nur 20-25 Stunden.
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